Nach fast neun Jahren Arbeit hat Blizzard heute Nacht endlich seinen Team-Shooter "Overwatch" für PC, Playstation 4 und Xbox one veröffentlicht. Doch kann er die hohen Erwartungen erfüllen?

Wenige Spiele haben so eine turbulente Entstehungsgeschichte wie Blizzards neuer Multiplayer Ego-Shooter. Aus dem aufgegebenen Projekt "Titan" entstanden, arbeiteten die Macher von World of Warcraft fast neun Jahre an dem Titel. Und während acht Millionen Spieler vergangenes Jahr begeistert die offene Betaversion spielten, entzündete sich der Zorn selbsternannter Sittenwächter an einer vermeintlich sexistischen Siegerpose, die Blizzard flugs änderte. Heute Nacht fiel dann endlich der Startschuss für das lang erwartete Spiel.


Sauberer Start

Eine berechtigte Sorge der Spieler war, ob Blizzard diesmal den Launch problemlos hinbekommen würde. Diablo-3-Veteranen erinnern sich mit Grausen an die Startprobleme samt Server-Absturz und "Fehler 37"-Meldung.

Doch Overwatch meisterte seinen Stapellauf problemlos. Ab 1 Uhr nachts konnte das Spiel vom Battle.net-Server gezogen werden, und gleich konnte mit feinster Multiplayer-Action losgelegt werden. Das Matchmaking klappte im Test reibungslos, die Wartezeiten waren kurz.


Ein Hauch von Team Fortress


Die 21 Charaktere teilen sich ein in sechs offensive Figuren, sechs defensive, fünf Tanks und vier Unterstützer. Unter ihnen finden sich Klassiker wie der ausgewogene Angreifer Soldier 76 oder die Scharfschützin Widowmaker. Wer es außergewöhnlich mag, kann auf das Mädchen D.VA und ihren Mecha-Anzug zurückgreifen, den Riesengorilla Winston oder den Musikfanatiker Lucio. Ungewöhnlich für einen Shooter: Viele Figuren sind eigentlich Nahkämpfer. Der titanische Reinhardt etwa, der mit seinem Raketenhammer die Erde zum Beben bringt.

Oder der scheinbar aus Borderlands geflüchtete Roadhog, der Feinde per Enterhaken zu sich ziehen kann. Jede Figur hat zwei bis drei besondere Talente. Bogenschütze Hanzo etwa kann als einer der wenigen Gebäude erklimmen, der Android Bastion sich in ein stationäres Geschütz verwandeln. Im Lauf einer Runde baut sich zudem die "ultimative Fähigkeit" der Figuren auf, die wegen der langen Abklingzeit nur ein- bis zweimal eingesetzt werden kann. Dann wird Bastion zum Panzer, Hanzo beschwört den Drachengott und D.VA aktiviert ihre Selbstzerstörung. Unterstützer wie der ruppige Schmied Torbjörn oder die engelhafte Heilerin Mercy erinnern stark an Team Fortress 2, wie auch das gesamte Spiel den Spaß dieses Klassikers zurückholt.


Wechselhafte Tastenbelegungen

Irritierend ist, dass die Talente und Tastenbelegungen nicht dieselben sind. Während die Shift-Taste bei den meisten eine besondere Bewegungsart wie Enterhaken oder Düsenschub kontrolliert, legen andere Fallen oder Geschütze aus. Hier sind Fehler vorprogrammiert, bis man sich wirklich die Steuerung der einzelnen Figuren gemerkt hat.


Tolle Karten, wenig Modi


12 schöne Karten stehen als Kampfplätze zur Verfügung. Mittelgroß und verwinkelt, erinnern Maps wie das griechische Ilios an einige der besten Karten von Call of Duty. Drei Modi und ein Mix stehen zur Auswahl: Entweder man erobert einen Punkt, verteidigt ihn oder eskortiert eine Fracht unter Feindfeuer. Reines Team-Deathmatch oder eine Hardcore-Variante gibt es leider nicht. Das Spiel ist schnell und farbenfroh, aber übersichtlicher als etwa bei Battleborn. Die Klassen wirken sehr gut ausbalanciert, übermäßig starke oder schwache Figuren scheint es nicht zu geben.


Warum kein Storymodus?


Ins Ersinnen von Charakteren und Welt hat Blizzard offensichtlich viel Zeit investiert. Die ersten cineastischen Trailer und das Spiel-Intro vom feinsinnigen Gorilla Winston malen einen sympathischen Hintergrund, der auch zu einem Pixar-Animationsfilm passen würde. Dass man sich einen Storymodus gespart hat und ganz auf Multiplayer-Gefechte setzt, ist schade. Figuren wie Tracer, Bastion oder Symmetra zeigen so viel Persönlichkeit, dass man gern mehr über sie erfahren hätte.


Fazit

Overwatch ist genau das spaßige Multiplayer-Actionspiel, das man sich erhofft hatte. Abwechslungsreiche Figuren und Fähigkeiten, gut gebaute Maps und eine ausgezeichnete Balance begeistern. Mit mehr Modi und einer angepassten Steuerung wäre das Spiel allerdings noch besser geworden. (vza)


Quelle: heise.de