Lineares Fernsehen war gestern, heute wird gestreamt – am besten in 4K. Zumindest am PC müssen dabei einige Hürden überwunden werden. Wir zeigen, wie es geht.

Netflix besticht durch viele Eigenproduktionen und ist speziell für Serienfans interessant. Mit schneller Internetverbindung, passender Hardware und Premium-Account (kürzlich auf 15,99 Euro verteuert) ist das Angebot auch in Ultra-HD-Auflösung verfügbar – und auf bis zu vier Geräten gleichzeitig nutzbar.

Neben Smart-TVs, Chromecasts und Fire-TV-Sticks kann eines der vier Geräte auch ein Media-PC sein. Leistungsfähig genug dafür sind fast alle aktuellen und viele ältere Rechner, die zum Ende ihres aktiven Dienstes oft als Medienzentrale herhalten müssen. Doch das Digital Rights Management (DRM) macht die Sache kompliziert.
Zahme Angaben

Netflix selbst gibt sich auf der deutschen Website bezüglich der Wiedergabe am PC wenig auskunftsfreudig. Netflix sei „auf ausgewählten Windows-Computern in Ultra-HD verfügbar“. Konkret werden lediglich ein 60-Hz-Monitor, Microsoft Edge und Netflix’ Windows-10-App genannt – womit zumindest das Betriebssystem impliziert ist: Ohne Windows 10 geht gar nichts und auch da muss es mindestens das Fall Creators Update sein, sprich Windows 10 1709.

Die englische Netflix-Website ist da etwas ausführlicher und erwähnt etwa, dass High-bandwidth Digital Content Protection 2.2 (HDCP 2.2) für jeden angeschlossenen Monitor erforderlich ist. Sollten Sie mit mehreren angeschlossenen Monitoren arbeiten, von denen das nicht alle können, genügt es, während des UHD-Streams die nicht-HDCP-2.2-fähigen im Treiber zu deaktivieren. Der HDCP-fähige Monitor muss dabei das primäre Display sein.

Zudem wird die integrierte Grafik ab Intels Core-i-7000-Reihe (Kaby Lake) oder eine Nvidia-GPU ab der GeForce GTX 1050 mit mindestens 3 GByte Grafikspeicher samt Treiberversion 387.96 und neuer verlangt. AMD-Grafikkarten erwähnt Netflix nicht.

Netflix vergisst sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch zu erwähnen, dass zwingend auch die HEVC-Erweiterung nachinstalliert werden muss, die Microsoft mit dem Fall Creators Update (1709) ausgekoppelt hat. Doch Vorsicht: Die Suche im Microsoft Store führt nur zur kostenpflichtigen Variante der HEVC-Videoerweiterungen, egal ob man nach „HEVC Videoerweiterung“, „HEVC Videoerweiterung vom Gerätehersteller“ oder den englischen Entsprechungen sucht. Die kostenlose Version können Sie hier herunterladen.

Neben dem erwähnten Premium-Abo setzt Netflix eine stabile Internetverbindung mit 25 MBit/s voraus, da allein der HEVC-kodierte Videostrom bis zu 16 MBit/s verschlingt. Zusätzlich muss in der Netflix-App respektive den Einstellungen die Streaming-Qualität auf „Automatisch“ oder „Hoch“ eingestellt sein, sonst gibts kein Ultra HD.
Knackpunkt DRM

Doch auch mit den genannten Einstellungen liegen einige Hürden vor der ersehnten 4K-Unterhaltung. Die meisten davon haben mit den Thema DRM oder auf gut Deutsch Kopierschutz zu tun, denn einen 4K-Stream an sich abzuspielen, fordert die meisten aktuellen Rechner nur wenig.

Natürlich möchte Netflix nicht, dass Nutzer illegal Inhalte abgreifen, aufzeichnen und weiterverbeiten. Um das zu verhindern, nutzt man Microsofts Kopierschutzkette PlayReady 3.0 SL3000, die sowohl Anforderungen an die Software als auch die Hardware stellt – ohne eine vertrauenswürdige Ausführungsumgebung (Trusted Execution Environment, TEE) auf Chip-Ebene läuft gar nichts. Zusätzlich muss auch die Software verschiedene Anforderungen erfüllen. Eine der grundlegendsten ist, dass man keine verlustfreien Screenshots oder gar Videoaufzeichnungen des laufenden Players machen kann.

Monitor und Grafikchips inklusive Displayanschluss(-kabel) müssen HDCP 2.2 können. Das ist bei den meisten aktuellen 4K-TVs der Fall, aber bei Computermonitoren sollte man darauf achten, das sie explizit HDCP in der Version 2.2 erfüllen – im Test haben wir dazu das sehr teure UHD-Display Asus ROG Swift PG27UQ verwendet, das außer G-Sync auch HDR-Wiedergabe und HDCP 2.2 unterstützt [1]. Ob das Display per HDMI oder DisplayPort angeschlossen war, spielte keine Rolle. Ebenso wenig, dass die Intel-IGP den per HDMI angeschlossenen 4K-Bildschirm nur mit maximal 30 Hertz belieferte.

Mit der Tastenkombination Strg+Shift+Alt+D aktiviert man das Overlay für Netflix-Streams. Ab Abschnitt 4 werden Bild- und Bitraten sowie die Auflösung für den Video- und Audiostream ausgegeben.

Unser Testsystem bestand aus einem frisch aufgesetzten Windows-10-Rechner mit Core i7-8700K – wobei die CPU-Leistung eine untergeordnete Rolle spielt; auf den Kopierschutz-Support der integrierten UHD-6x0-Grafik kommt es an. Wir ließen die aktuelle Version 1809 voll durchpatchen und installierten zunächst keine Treiber manuell nach. Nachdem Netflix in dieser Konfiguration nur in Full HD laufen wollte, rüsteten wir die HEVC-Videoerweiterungen im Windows Store nach, was bereits zum Erfolg und schicker UHD-Auflösung führte. Sowohl die Netflix-App als auch der Windows-10-Browser Edge zeigten den UHD-Stream.

Prüfen lassen sich die aktuelle Auflösung und Farbtiefe im Edge-Browser mit der Tastenkombination Strg+Shift+Alt+D. Damit wird ein Overlay eingeblendet, welches in der ersten Zeile des vierten Absatzes Bitrate und Auflösung angibt.

Schwierigkeitsstufe 2 folgte dann bei den Nvidia-Grafikkarten. Hier gilt es tatsächlich, zusätzlich auf die Beschränkung von 3 GByte Grafikspeicher zu achten – mit einer GTX 1050 mit 2 GByte verweigerte Netflix die maximale Bildschärfe. Warum Nvidia ausgerechnet 3 GByte verlangt, konnte uns der Hersteller bis Redaktionsschluss nicht erklären – gerade um ältere PCs Media-tauglich aufzurüsten, böte sich die GT 1030 an, die aber nur 2 GByte Grafikspeicher hat.

Auch mit AMD-Grafikkarten lief Netflix in Ultra-HD-Auflösung. Allerdings nur, so lange wir uns auf Radeon-RX-Modelle mit der älteren Polaris-Architektur beschränkten. Selbst eine günstige RX 550 kann – anders als bei Nvidia – schon in der 2-GByte-Version Netflix den Ultra-HD-Stream entlocken.

Auch der Endgegner kommt von AMD: Im Test gelang es uns nicht, Netflix mit einer Vega-Grafik einen Ultra-HD-Stream abzuringen. Egal ob die integrierte Vega 3 im 60 Euro günstigen Athlon 200GE oder AMDs High-End-Flaggschiff Radeon VII mit modernster Technik: An Netflix in Ultra HD scheiterten sie im Test mit dem aktuellen Radeon-Treiber 19.4.1. Maximal Full-HD-Wiedergabe war möglich. Sobald wir die RX 550 mit 2 GByte steckten, lieferte das ansonsten unveränderte Testsystem mit Athlon 200GE problemlos wieder ultrahoch auflösende Bilder im Netflix-Stream. Auf Nachfrage konnte uns AMD diesen Umstand nicht erklären.

Unter Linux unterstützt Netflix kein Ultra HD, hat sich aber inzwischen dazu durchgerungen, etwa mit dem Closed-Source-Browser Chrome zumindest Full-HD-Wiedergabe zu ermöglichen. Auch Firefox-Nutzer können Netflix schauen, jedoch nur in 720p. Tricks, die dort Full HD ermöglichen sollten, führten im Test mit Ubuntu 18.10 jedoch nicht zum Erfolg.
Fazit

Wer einen älteren PC zum Media-Center inklusive UHD-Streaming von Netflix umfunktionieren will, muss so einiges beachten. An den aktuellen Windows-DRM-Versionen Playready 3.0 SL3000 und HDCP führt bei Netflix kein Weg vorbei und auch die Software muss mitspielen.

Arg verwundert haben uns die Einschränkungen, die es sowohl bei Nvidia als auch AMD seitens der Treiber gibt: Hüben will man mindestens 3 GByte Grafikspeicher und GeForce-Karten ab der 1000er-Reihe haben und drüben bekommt die aktuelle Vega-GPU-Architektur auch nach knapp zwei Jahren noch keinen funktionierenden Treibersupport.

Dabei kann Netflix am PC so einfach sein – auch in Ultra HD. Wenn man von vornherein auf die nötigen Hardwarevoraussetzungen achtet, genügt ein aktuelles Windows 10 inklusive automatisch installierter Treiber plus kostenlos herunterladbarer HEVC-Erweiterung. (csp)