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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der größte deutsche Cybercrime-Marktplatz ist weg, aber die Polizei war es nicht



RedDevil
18.05.2016, 22:14
Der belebteste deutschsprachige Online-Schwarzmarkt, Crimenetwork.biz, ist verschwunden—und in verkleinerter Form möglicherweise wieder auferstanden.

Das deutsche Cybercrime-Board, auf dem illegale Dienstleistungen und gestohlene Waren, Viren, Kreditkartendaten, Drogen und gelegentlich Waffen gehandelt wurden, verzeichnete für mehrere Jahre eine stetig steigende Nutzerbasis.

Mit über 300.000 Seitenzugriffen monatlich und weit über 80.000 registrierten Usern (von denen aber schätzungsweise nur 8000-9000 aktiv waren), war das Forum das mit Abstand größte Board seiner Art im deutschprachigen Raum.

Nachdem die Board-Administration hinter dem Pseudonym sync seit dem 4. Mai nicht mehr online erschienen war, wurden zunächst die über sync abzuwickelnden Treuhandgelder für die Absicherung der kriminellen Geschäfte auf dem Board einbehalten. Seit dem 11. Mai ist die Seite nicht mehr online erreichbar.

Anhand eines Bitcoin-Wallet, in dem Crimenetwork.biz Gelder verwaltet hat, wird deutlich, dass die Bitcoins, die die Leitung des Forums auf verschiedensten Wegen von ihrem Nutzerstamm einkassiert hatte, bereits weitergegeben wurden.

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Diskussionen im Forum über Chemical Love

Die Summe des am 10. Mai abgezogenen und wahrscheinlich zur Verschleierung an einen Mixingdienst gesendeten Geldes beträgt jedoch nicht, wie heise schreibt, 33.500 Euro: Dieser Betrag entspricht nur dem Betrag, der sich auf der offiziellen Treuhand-Wallet befindet.

Der von Crimenetwork.biz angebotene Treuhand-Service, der sowohl Nutzern als auch Verkäufern ein gewisses Maß an Sicherheit bei der Kaufabwicklung bieten soll und auch bei Schwarzmärkten im Darknet zum Einsatz kommt, war einer der Gründe dafür, dass sich das Board bei vielen Nutzern einer solch großen Beliebtheit erfreute.

Von der eindeutig Crimenetwork.biz zuzuordnenden Hauptwallet wurden jedoch 203.4630095 Bitcoin abgezogen, was zum Zeitpunkt der Transaktion rund 83.000 Euro entsprach.

Auf anderen Foren und Blogs spekulieren die ehemaligen Nutzer seit einer Woche energisch, wer oder was hinter dem Verschwinden steckt. Diskutiert wird im Einzelnen, ob sich entweder Administrator sync mit den Treuhandgeldern aus dem Staub gemacht haben könnte oder ob die Polizei hinter der Abschaltung steckt.

Erst kürzlich konnten die Ermittler einen Erfolg gegen den Drogenshop Chemical Love vermelden, der auf Crimenetwork.biz für 10.000 Euro pro Monat das alleinige Recht erkauft hatte, für seine Produkte zu werben. Auch in diesem Fall wurden allerdings bislang nur zwei Proxyserver von den Fahndern beschlagnahmt.

Haben die Behörden also die Server des Forums Crimenetwork.biz beschlagnahmt? Auf Nachfrage nach der Abschaltung bei der Staatsanwaltschaft Verden, an der die Landeszentralstelle Cybercrime ansässig ist, verneinte man: „Das entspricht nicht meiner Kenntnis“, erklärte Staatsanwalt Markus Heusler gegenüber Motherboard, der auch die Leitung der Pressearbeit im Fall Chemical Love übernommen hat. Einen Zusammenhang zwischen der andauernden Ermittlung in Sachen Chemical Love stellte er nicht her. Auch das BKA konnte in der Sache keine Auskunft geben.

nsgesamt wird geschätzt, dass monatlich rund 45.000 Euro Einnahmen bei Crimenetwork.biz eingingen, was sich aus Gebühren für Werbungen, Monopol, Treuhandgebühren zwischen 3 und 15 Prozent und diversen Nebengeschäften zusammensetzt.

Währenddessen formiert sich die Szene in diversen anderen Boards bereits neu—unter anderem bauen mehrere Moderatoren des alten Forums ein neues Board im gleichen Design unter anderer Domain auf. Bis zur Nutzerzahl des alten Forums ist es jedoch noch ein weiter Weg.

Quelle: Motherboard.vice.com (http://motherboard.vice.com/de/read/das-groesste-deutsche-cybercrime-forum-ist-verschwunden-crimenetwork)