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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der mutmaßliche Darknet-Anwalt, der es nicht lassen konnte



RedDevil
09.12.2016, 11:27
https://www.szenebox.org/images/_imported/2016/12/32.jpg ► Er kann es nicht lassen. Nachdem ein mutmaßlicher Darknet-Waffenhändler aus Köln-Pulheim bereits im April wegen Waffenhandel für mehrere Wochen in U-Haft verschwand, hat der 33-Jährige, der im bürgerlichen Leben als Anwalt arbeitet, Ende November erneut einen Polizeieinsatz ausgelöst.

Laut eines Sprechers der Staatsanwaltschaft Köln drohte der Jurist damit, seine Frau und seine fünf Kinder zu töten. Da gegen ihn bereits wegen Waffenhandel ermittelt wird, ging die Polizei von der Bewaffnung des Mannes aus, rückte mit mehreren Mannschaftswagen an das Einfamilienhaus in den beschaulichen Vorort. Die Straße wurde großräumig abgesperrt, Spezialkräfte, LKA-Beamte und Sprengstoffsuchhunde waren im Einsatz.

Als die Beamten kamen, hatten sich Frau und Kinder bereits auf die Straße gerettet, wie eine Lokalzeitung berichtete——sie blieben unversehrt. Über die Terrasse gelangten die Polizisten in das Wohnhaus und konnten den renitenten Anwalt überwältigen. Laut des Kölner Stadtanzeigers durchsuchten die extra aus Düsseldorf und Köln angeforderten Sprengstoffhunde auch die Büsche und Sträucher am Haus sowie in der Umgebung nach explosivem Material.

Bereits im April geriet der Anwalt, der bald selbst einen braucht könnte, ins Fadenkreuz der Ermittler. Um vier Uhr nachts drang eine Spezialeinheit des Zolls (ZUZ - Zentrale Unterstützungsgruppe Zoll) unter Einsatz von Blendgranaten in die Wohnung ein sowie in das Haus der Eltern. Bei der Durchsuchung fanden sie laut Medienberichten Magazine für Sturmgewehre, eine Beretta, Waffenteile, Butterfly-Messer, eine Stahlrute (http://www.rundschau-online.de/25177580%20%C2%A92016), selbstgebaute Sprengkörper - und Marihuana-Pflan*zen (noch nicht erntereif). Die Polizisten haben Glück bei ihrer nächtlichen Aktion: Ihnen fallen Computer und Datenträger in die Hände, die nicht verschlüsselt sind—die Datenauswertung dürfte die Ermittlungen erheblich vereinfacht haben.

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Die Marihuana-Pflanzen parkte der Anwalt auf dem Balkon. Als das SEK zugriff, waren sie noch nicht erntereif

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Eine Beretta, Sturmgewehr-Magazine, weitere Waffenteile - aus Polizeisicht hat sich die Durchsuchung gelohnt

Wie man dem Verdächtigen auf die Spur gekommen sei, will die Staatsanwaltschaft Köln bisher nicht preisgeben. Die Ermittlungen hätten jedoch im Darknet begonnen, bestätigt Staatsanwalt Daniel Vollmert gegenüber Motherboard. Laut Kölner Stadtanzeiger haben Beamte über Wochen das Wohnhaus des Tatverdächtigen observiert.

Möglich ist daher, dass die Beamten auf einem der einschlägigen Darknet-Schwarzmärkte auf einen deutschen Händler stießen, einen Testkauf machten und über die Rückverfolgung des Postwegs und Observierung auf die Zielperson kamen. So jedenfalls waren die Ermittler bei dem Schweinfurter Darknet-Dealer Max Mustermann vorgegangen, der vollautomatische Kriegswaffen an Kunden in ganz Europa lieferte und im Februar zu vier Jahren und drei Monaten verurteilt wurde.

In welchem Umfang der Kölner Jurist Waffen im Darknet verkauft haben soll, will die Staatsanwaltschaft nicht kommentieren. Laut ihrem Sprecher Vollmert könne man zumindest davon ausgehen, dass es sich um mehr als vier scharfe Schusswaffen handelt.

Ob es möglicherweise ein Fehler war, den Juristen wieder auf freien Fuß zu setzen, verneint Vollmert. Da keine Fluchtgefahr bestand und sämtliche Beweise gesichert wurden, mussten sie den mutmaßlichen Darknet-Anwalt, der ansonsten den deutschen Rechtsstaat verteidigt, entlassen.

Durch den erneuten Zugriff habe sich zudem der Umfang der mutmaßlichen Waffengeschäfte erhöht, wie Motherboard erfahren hat: Bei einer erneuten Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Beamten eine weitere Schusswaffe inklusive Munition. Damit wisse man laut Staatsanwaltschaft: Der Mann war auch nach seiner ersten Festnahme wieder aktiv.

Quelle: Motherboard.vice.com (http://motherboard.vice.com/de/read/der-darknet-anwalt-der-es-nicht-lassen-konnte)